Der Computer und die Unsterblichen by Alfred Bester

Der Computer und die Unsterblichen by Alfred Bester

Autor:Alfred Bester [Bester, Alfred]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: TTB 276
veröffentlicht: 2014-03-05T00:00:00+00:00


8.

Und so kam es, daß wir in einer Blase herumsprangen. Phosphoreszierende Wasserbett-Wände, und wir kugelten wie Kinder im Heu durcheinander. Wie böse Kinder. Gelobt seien die Zellen, die Gitterstäbe und Schlösser. Dort wird einem mißverstandenen Helden wenigstens noch eine sportliche Chance gelassen. Irgendeine Hure mit goldenem Herzen bringt Rhabarberkuchen mit einer Metallsäge darin. Ein Wächter ist stolz auf seine neue Armbanduhr, und wenn er sie vorzeigt, packst du seinen Arm mit einem Griff wie ein Schraubstock. Er schreit in Agonie und gibt die Schlüssel heraus.

Fee tröstete die Rothaut, murmelte ihr ins Ohr und lauschte ihrem Gemurmel. Sie lauschte auch anderen Dingen, und ich nahm mir vor, sie danach zu fragen.

Ich muß zugeben, daß ich mich in der Blase nicht allzu unglücklich fühlte. Es war die Rückkehr in den Mutterleib, ein konfliktfreies, sorgloses Schweben, und vielleicht würde auch ich mich zu einem Erlöser-Hermaphroditen entwickeln. Aber nein, da gab es keine Chance. Ich war sozusagen freischwebend aufgehängt, aber nicht gefroren. Ich mußte die Strafvollzugsforscher bewundern, die das Konzept entwickelt hatten. Man will, daß die Gesetzesbrecher im Knast bleiben? Nichts leichter als das: man euphorisiert sie, und Schluß mit Rhabarberkuchen und Armbanduhren. Auch mit Helden.

Ich weiß nicht, wieviel Zeit verging. Hunger ist heutzutage kein Zeitmesser; jeder ißt in unregelmäßigen Abständen. Poulos war oben (oder unten) in der Blase, lächelte über seine eigenen Gedanken und summte dazu. Ich glaube, ich schlief eine Weile, aber leider war die Blase nur unzulänglich isoliert, und so wurde ich von ›Goniff 69‹ geweckt, einer populären Unterhaltungssendung, die plötzlich in unser Gefängnis projiziert wurde. Leukemia Lavalier, eine zartgliedrige Nekrophile, muß ihren kränklichen Sohn ins Krankenhaus bringen, wo er vom gütigen Doktor Marcus Brutus, Facharzt für Phrenologie, der ein Doppelleben als stellvertretender Geschäftsführer im Einkaufszentrum führt, einer Notoperation unterzogen wird. Ein echter Knüller.

Ich weiß nicht, wieviel später es war, als Sequoia eingeschlafen war und ich Fee beiseite nehmen konnte.

»Also, was ist mit Guess, Fee?«

»Nichts, Guig. Nichts.«

»Fee, er hat sich verändert, und wir beide wissen es. Warum?«

»Ich weiß es nicht.«

»Stehst du immer noch auf ihn?«

»Ja.«

»Ist er noch der alte?«

»Manchmal.«

»Und bei anderen Gelegenheiten?«

Sie schüttelte langsam den Kopf.

»Also, was ist passiert?«

»Wie sollte ich es wissen?«

»Deine Ohren, Fee. Du hörst, was kein anderer hören kann. Du hast gelauscht. Was hörst du?«

»Er ist nicht verwanzt.«

»Und du weichst mir aus.«

»Ich liebe ihn, Guig.«

»Und?«

»Sei nicht eifersüchtig.«

»Fee, ich liebe dich und will nur das Beste für dich. Du hast dich großartig herausgemacht, und ich bin sehr stolz, weil du meine einzige Tochter bist, mein einziges Kind. Du weißt sicherlich, daß die Mitglieder der Gruppe keine Kinder haben können. Das ist ein Preis, den wir bezahlen müssen.«

Sie schluchzte plötzlich auf.

»Ja, ich verstehe. Damit wirst du dich abfinden müssen. Aber sei jetzt vernünftig und konzentriere dich auf Sequoia. Was ist mit ihm geschehen?«

Nach langer Pause flüsterte sie: »Wir müssen sehr leise sein, Guig.«

»Ja? Warum?«

»Wir sind jetzt sicher, weil er schläft.«

»Sicher wovor?«

»Paß auf. Als Lucy Borgia ihn im Extrocomputerkomplex tötete, wurde jede Nervenzelle im Gehirn isoliert.«

»Aber sie bildeten neue Synapsen, und er wurde wieder lebendig.«

Sie nickte. »Wie viele Gehirnzellen gibt es, Guig?«

»Ich weiß nicht.



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